Realistische Hautfarbe - auf den Farbton kommt es gar nicht so sehr an

Realistische Hautfarbe - auf den Farbton kommt es gar nicht so sehr an

 Color gets all the credit but value does all the work

Ich weiß leider nicht, wer das als aller erster gesagt hat, es ist jedoch so wahr. Wenn wir über Farben und das Mischen von Farbtönen reden, dann sehen wir Farbe oft eher 2-dimensional - wie diese Farbräder als Hilfe, welche Farben man nun wie mischen muss, um den gewünschten Farbton zu bekommen.

Dabei streiten wir uns dann, ob wir jetzt den Farbkreis nach Goethe, nach Itten oder welches theoretische Modell auch immer bevorzugen. Dabei ist etwas anderes viel wichtiger, um realistische Illusion von z.B. Haut auf dem Papier oder der Leinwand zu erzeugen: Der Tonwert - englisch Value genannt.

Farbe hat drei Dimensionen: Farbton (Hue), Tonwert (Value) und Sättigung (Saturation). Farbton ist das, was wir optisch als Farbe wahrnehmen, also rot, blau, violett, gelb usw. Die Sättigung gibt an, wie kräftig ein Farbton ist - also beispielsweise ein stark gesättigtes Knallepink oder ein Pastellrosa.

Der Tonwert bestimmt die Helligkeit des Farbtons. Stell Dir vor, Du fotografierst in schwarz weiß - aus jeder Farbe wird dann ein Grauton, der die Helligkeit bestimmt. Das ist der Tonwert einer Farbe. Ein Gelb kann dabei denselben Tonwert haben wie ein Lilaton - also in Schwarzweiß denselben Grauton ergeben. Normalerweise empfinden wir Gelb jedoch heller als Lila in unserer durch Farben geprägten Wahrnehmung.

Hier ein Beispiel - ein Porträt in schwarzweiß. Ich habe die Photoshop KI gebeten, einmal ein "Ölporträt" einer Frau zu generieren:

Die Haut an sich sieht ebenmäßig und glatt aus - auf der Stirn sind drei und auf den Wangen/dem Kinn jeweils ein dunklerer Fleck, die die Illusion erzeugen, dass dort irgend etwas auf die Haut geschmiert ist. Weiter unten löse ich auf, wie das Bild in Farbe aussieht. Beurteile jetzt kurz für Dich, ob die Haut hier "realisitisch" aussieht - ich finde, definitiv ja.

Ebenso beim nächsten Bild: Stelle Dir vor, welche Farbe die Haut dieser Frau wohl haben mag:

Wenn wir die dunklen Tonwerte heller und die hellen dunkler werden lassen, also den Kontrast des Bildes herunterdrehen, dann sieht es schon ganz anders aus. Nun erkennt man zwar immer noch die Frau, jedoch wirkt die Haut keineswegs plastisch und das Bild eher wie ein schematische Umrisszeichnung:

Oft fällt es uns jedoch schwierig, Farben in Tonwerten zu verstehen und den richtigen Tonwert zu treffen. Wir mischen die Farben, wie wir sie sehen, treffen dabei jedoch nicht den richtigen Tonwert. Dem Bild fehlt es dann an Tiefe und es wirkt nicht plastisch.

Ein Beispiel gefällig? Ok, hier habe ich 4 Farbfelder und eine Tonwertskala von 0-100% Schwarz daneben. Schau Dir die Farben an und sortiere einmal den passenden Tonwert dazu - notiere Dir jeweils den Tonwert, Auflösung gibt es am Ende dieses Artikels. Siehst Du unterschiedliche Tonwerte oder sind einige Farben gleich hell oder dunkel?  

Es gibt einige Tipps, das Erfassen und malen des korrekten Tonwerts zu üben oder mit Hilfsmitteln zu überprüfen.

  1. Zeichnen: Beim Zeichnen mit monochromen Medien wird die Dimension Farbton und auch die Sättigung ausgenommen. Somit müssen bunte Gegenstände rein mit Hell-/Dunkelkontrasten zu Papier gebracht werden. Wenn Du nicht zeichnen magst, versuche mal mit einer Farbe Deiner Wahl in Kombination mit Wasser oder Weiß monochrom zu malen.
  2. Malgrund/Leinwände "grundieren" bei deckenden Medien - auf weiß wirken die Tonwerte anders als auf einem neutralen Hintergrund mit mittlerem Tonwert. Daher hilft es, den Malgrund vorher zu präparieren (empfiehlt sich meist sowieso). Dazu mischt Du etwas Umbra gebrannt oder ein neutralen Grauton mit Gesso und bestreichst die Leinwand gleichmäßig. Wenn Du kein Gesso verwenden willst, mische Umbra gebrannt oder Neutralgrau mit Wasser und male damit eine gleichmäßige Schicht auf die Leinwand. Umbra gebrannt ist der Klassiker und gibt einen warmen Unterton - mit neutralgrau wird das Ergebnis etwas kühler und moderner.
  3. Verwende eine neutrale Palette zum mischen: Was für die Leinwand gilt, gilt auch für Deine Mischpalette. Auf einem Mittelton ist es für das Auge leichter, den korrekten Tonwert zu erfassen und Du wirst schneller zu einem guten Mischergebnis kommen. Holzpalette sind gut, am Besten eignet sich jedoch eine sogenannte Anreibeplatte aus grauem Glas. Diese ist auch gut zu reinigen.
  4. Verwende einen "Greyscale & Value Finder" - ich weiß leider kein deutsches Wort dafür. Es handelt sich um eine Scala mit Grauwerten von 1 (0% Schwarz) - 10 (100% Schwarz). Diese kannst Du dann ganz einfach an Deine Referenz halten - mit leicht zusammengekniffenen Augen kannst Du dann beurteilen, welchen Grauwert Dein gewünschter Farbton entspricht.
  5. Anderes Hilfsmittel, dass die alten Meister verwendet haben, um den richtigen Tonwert zu ermitteln: Einen schwarzen Spiegel. Den hälst Du senkret zum Bild/Deiner Vorlage und schaust hinein. Durch die schwarze Farbe der Oberfläche wir der Farbton herausgefiltert und Du siehst den Tonwert. Pro-Tipp - in Zeiten von Smartphone und Tablets haben wir immer und jederzeit einen solchen schwarzen Spiegel griffbereit. Einfach mal abschalten ist eh gut in den heutigen Zeiten ;).

Und nun die Auflösung der beiden Bilder:

Im ersten Bild sieht man, dass die Dame offensichtlich grüne Farbe im Gesicht hat - und zwar nicht nur dort, wo die dunklen Flecken im Schwarz-Weißbild waren!

Die zweite Dame hat recht rote Haut, vor allem an Nase, Wange und Schulter - im Schwarz-Weiß-Bild sind diese Unterschiede stark verblasst gewesen, weil die Tonwerte sich gar nicht so sehr unterscheiden.

So und unsere farbigen Flächen - hier die Lösung, alle 4 Farben entsprechen in etwa einem Tonwert 80% Schwarz. Hast Du das gesehen oder lagst Du falsch? Schreibe es mir gern in die Kommentare!

 

Im nächsten Blogbeitrag zeige ich Dir, wie so ein dreidimensionaler Farbraum grafisch aussieht und zeige Dir ein paar einfache zeichnerische Übungen, um die Tonwerte zu meistern.

Kannst Du gut mit Tonwerten umgehen oder fällt es Dir von Zeit zu Zeit noch schwer, die richtigen Tonwerte zu treffen? Was sind Deine Tipps und Tricks - erzähle mir davon in den Kommentaren.

Bis bald, Sabrina!

 

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